Das Vogler Quartett setzt seinen Konzertzyklus im Kleinen Saal des Konzerthauses fort.
Das Programm bringt Wiener Klassik, jungen, makellosen Debussy und jungen, wilden Brahms.
Im Vogler Quartett lebt musikalischer Geist.
In Joseph Haydns Streichquartett op. 74 Nr. 1 wird das Allegro von stetig vorwärts treibenden Impulsen beherrscht. Es folgt das vom gelösten Achtelpuls belebte Andantino grazioso. Sehr schön dann das Menuett, indem die Vielfalt der Akzente in die übergeordnete Struktur eingebunden ist. Das Finale (Vivace) bringt die Entfesselung des Monothematischen, indem es horizontale Kontinuität und vertikale Kohäsion realisiert. Das Vogler Quartett spielt das klar aus.

Spielen im Sitzen, Applaus im Stehen: das Vogler Quartett
Der Aufführung von Debussys folgendem Streichquartett g-Moll kann man ablauschen, dass der Klang des Vogler Quartetts sich kaum impressionistisch und noch weniger rein klangfarblich bestimmt. Der Klanggestus ist vielmehr rau, mit einem Stich ins Haptisch-Körnige. Man könnte die Interpretation des Vogler Quartetts „realistisch“ nennen.
Dessenungeachtet ist die Delikatesse von Phrasierung und Artikulation enorm (wenn auch letztere nicht makellos ist). Selbstzweck ist das bisweilen Ungebügelte indes nicht. Sie macht Spontaneität möglich und jene Offenheit, die beim Vogler Quartett immer im Spiel ist. So lassen die Herren die Energien ungehindert fließen und gönnen sich bei Debussy Stellen straffer Intensität und Hitze.
Es ist schon eindrucksvoll, wie im ersten Debussy-Satz rhythmische Freiheit und kompositorische Logik ineinandergreifen. Hübsch die intensive, eigentümlich gedämpfte Kantilene der ersten Geige im ersten Satz (und ohne jeden Schmalz im Violinenton). Im Finale verdichtet sich die lebhafte, impulsive und virtuose Darbietung. Hier fügen sich vier eigenverantwortliche Stimmen zum souveränen Verbund. Da wagen die Voglers sogar hymnische Akzente und zuletzt polyphone Explosionen. Das ist keine Exaltation, sondern liegt in jenem Bezirk absoluter Meisterschaft, den Debussy bestimmt.

Vogler Quartett mit den Aushilfskräften Annemarie Moorcroft und Mischa Meyer
Nach der Pause Brahms.
Für dessen frühes Streichsextett B-Dur gesellen sich zu den Herren des Vogler Quartetts Annemarie Moorcroft (Bratsche) und Mischa Meyer (Cello), beide vom Berliner DSO.
Unter den Bögen der sechs Musiker wird das Brahmssextett zur heftig bewegten Klanglandschaft zwischen wahrhaft weiträumigen Themen und grandiose Weitblicke gewährenden Hochebenen. So findet man an den Notenpulten zu einer großflächigen, nie nur Espressivo-Details herauskitzelnden Interpretation aus symphonisch-kammermusikalischem Geist. Exemplarisch stehen hierfür die Stellen ungemeiner, drängender Verdichtung, ja Erhitzung im Kopfsatz (Allegro ma non troppo). Und immer lässt man die Wärme des Melos die Struktur bis ins Innerste durchdringen. Im langsamen Satz (Andante, ma moderato) wird das Ungeschminkte der Leidenschaft ausgespielt. Dann scheint es, als probierten die Musiker, wie weit die gewaltige Schubkraft trägt, die sie aus den melodischen Zellen entwickeln.
Schön, dass Sie die Voglers hier bringen. Ich schätze diese unaufgeregten, aber immer fundierten SQ-Abende sehr. Der Kleine Saal ist für Kammermusik m.E. besser als so mancher Ksmmermusiksaal, auch wenn für die Musiker wohl nicht einfach.
Wollte eigentlich auch gehen, mein Platz war der leere in Reihe 3.
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Lesenswerte Besprechung eines sehr hörenswerten Konzertes
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