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Andrés Orozco-Estrada Berliner Philharmoniker

Andrés Orozco-Estrada debütiert mit Schostakowitschs Fünfter.

Vor die Fünfte setzen die Programmgötter jedoch das Klavierkonzert Nr. 4 von Rachmaninow.

Da ist die Überraschung. Orozco-Estrada und Andsnes nehmen den Beginn des vierten Klavierkonzert von Rachmaninow sehr rasch, quasi rubatolos. Wenn Leif Ove Andsnes das Klavierkonzert Nr. 4 mit kantig modelliertem Ton, nordisch schnörkellos und ohne nennenswerte Schattierungen der Dynamik, der Farbe, des Klangs spielt, dann klingt das so anti-russisch wie möglich. Statt Rubato-Selbstherrlichkeit herrscht Kunst-Ernst. Ausdruck wird zurückgehalten. Melodielinien wirken ungewöhnlich gedrängt. Wärme? Extrovertiertheit? Jamais, never, никогда. Feinheiten des rhythmischen Gefühls verschmäht Andsnes. Dafür tischen Orozco-Estrada und Andsnes uns ein sehnig gestrafftes Klavierkonzert auf. Inneres, Inniges gelingt weniger leicht: Für die Höhepunkte hat Andsnes wenig Ekstase. Das Finale gerät in seiner unbedingten Klarheit am besten.

Leif Ove Andsnes‘ Zugabe ist Sibelius. Sibelius‘ Klaviermusik ist großartig. Andsnes spielt Sibelius kühl, beherrscht, und doch durch und durch innerlich bewegt.

Schostakowitschs Symphonie Nr. 5 zerfällt in einzelne Sätze. Der Applaus indes ist übergroß. Stellenweise dirigiert Andrés Orozco-Estrada kaum.

Richard StraussMacbeth ist viel interessanter als Strauss‘ erste Tondichtung „Aus Italien“. Andrés Orozco-Estrada hat Mühe, Ordnung in das Gewurschtel zu bringen. Schuld sind auch die ungefilterte Lautstärke, das unbewältigte Tutti. Besonders gravierend: Die Philharmoniker klingen kaum nach Berliner Philharmonikern.

Die Berliner Philharmoniker spielen mit Eric Terwilliger (vom BRSO, Solohorn, aber Stefan Dohr klingt doch strömender), Karoline Zurl (vom DSO, Fagott) und Michael Hasel an der Soloflöte.


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Hinter der Fassade“ (Tagesspiegel)