Shakespeare-Hopping mit den Berliner Philharmonikern und Daniel Barenboim.
Nicolais Die lustigen Weiber von Windsor: So klingt innovative, liebenswerte, aber alles andere als geniale Musik in Berlin um 1848. Musik wie ein gut gemachtes Rührei.
Da ist der Falstaff von Edward Elgar eine andere Nummer. Es ist ein Werk, das man lieben lernte, wenn es öfters so leidenschaftlich gespielt würde wie heute Vormittag. Etwas verliebt bin ich heute schon. Ich höre liebenswürdigen Schwung, detailreiche Heißblütigkeit. Kurz, deskriptive Phantasie. Die Philharmoniker sind blitzschnell, schneller als Barenboim, aber das weiß Daniel Barenboim. Barenboim? Er fuchtelt auf diese sympathische Weise und hat alles im Griff. Barenboim ist gut aufgelegt, wahrscheinlich, weil er Anna Netrebko nächste Saision schon wieder nach Berlin lotsen wird. Die Ausführlichkeit, mit der Elgar vorgeht, ist sympathisch, und ich konzediere sie bei diesem Thema einem Briten gerne. Die Tonart c-Moll deutet darauf hin, dass Elgar Falstaff gegenüber mitfühlend war.
Zeit, in Ruhe Tschaikowskis Sinfonie Nr. 5 zu genießen. Es gibt einen Adrelaninschub beim Blech. Es gibt eine Blutbahnerweiterung durch forcierte Melancholie. Bareboim stellt vertraute Tschaikowskistimmung her: rücksichtslos autobiographisierte Fanfaren, wellenförmige Ausbreitung, leidenschaftliche Themen.