Blauer Juli-Himmel über Berlin.
Die Philharmoniker sind schon seit Wochen spurlos im philharmonischen Sommerloch verschwunden.
Die Staatskapelle geht bei den Proms fensterln.
BR eingeschaltet: Fliegender Holländer, live aus Bayreuth, Thielemann dirigiert.
Jan Philipp Glogers Inszenierung wurde 2012 ungnädig aufgenommen. Doch sie ist sehr gut. Norwegenfoklore kommt nicht vor. Gloger stellt die Frage nach Eigenart und Bedingungen der Wagnerschen Idee der Erlösung neu. Bilder und Personen sind neu und ungesehen.
Ouvertüre: Flotter als der Bayreuth-Holländer 2012, aber immer noch nicht ganz mein Ding. Bukolische Bläser: pointierte Fröhlichkeit beim Non-Legato. Die Bläserpakete werden vom Festspielorchester mit Freude rausgehauen. Es dominiert ein sonntäglich gerundeter Klang. Die aufgeräumten Tutti besitzen einen Einschlag von sonniger Behäbigkeit. Wenig Kantenschärfe. So wie wenn früher Helmut Kohl Witze gemacht hat.
Franz-Josef Selig (Daland): Voluminöser, leger und mit schönem Rhythmusgefühl geführter Bass mit Prachtvoll-Potenzial. Mehlige Mitten.
Ricarda Merbeth leiht ihren robusten, mit einem robusten Vibrato ausgestatteten Sopran der Senta. Was an ihr gefällt: ein fraulicher, reicher, aufrichtiger Klang. „Er steht vor mir mit leidenvollen Zügen“ ist so eine Stelle, die heute Abend nur ihr gehört: ruhiger, selbstbewusster Spannungsaufbau, anregende Obertonmischung. Eine der großen Stellen heute Abend. Die lauthalsen Fermaten-A’s könnten mir was anhaben, wäre das Wetter nicht so jahrhundertsommerlich.
Tomislav Muzek (Erik): Hört man Muzek, ist es unverständlich, warum sich Senta nicht näher mit dem männlich-schlankstimmigen Erik beschäftigt. Jedem Ton, der aus Muzeks Kehle kommt, höre ich mit großem Interesse und Aufmerksamkeit zu.
Christa Mayer (Mary): Ihr Alt hupft über Notenauf- und absprünge, dass es eine Freude ist.
Benjamin Bruns (Steuermann) singt im 1. Akt ein Lied mit streberhaften Più-Vivo-Stellen und äußerst genau gesungenen Piano-Stellen.
Samuel Youn (Holländer): Youn ist ein betont junger Holländer mit helltimbriertem Bariton. Seine Vollhöhe ist kantabel und hell, die tiefste Lage (A’s und G in „Dies der Verdammnis Schreckgebot“ ) schwarz. Youn fasst die Partie des Holländers mehr sängerisch als dramatisch auf. Zu Beginn höre ich wiederholt schrammig-streifige Töne der energischen Halbstimme in der Mittellage („zeigtest an“). Der Feuerbach’sche Nihilismus („in nichts zergehen“) ist nicht Youns Sache.
Einiges klingt unausgereift (Er wird es in 5 Jahren besser können). So ist die düstere Erlösungsbedürftigkeit im Duett des 2. Aktes nicht getroffen.
Interessant: Im Duett des 1. Akts, das zwei Könner singen, führt Youn seinen Bariton ähnlich kantabel wie Franz-Josef Selig seinen Bass. Warme Timbrierung auf beiden Seiten. Gemüthafte Männlichkeit auf beiden Seiten. Samuel Youn ist ein Holländer mit Daland-Genen.
Ende 1. Akt, Orchester prachtvoll.
Behäbig, glanzvoll bewegtes Animato, ma non troppo allegro, Anfang 3. Akt. Dem 3. Akt fehlt die eiserne Hegel’sche Perspektive. Ich höre da was Unkoscheres raus. Zu viel Singspiel, zu wenig Drama.
1. Akt zu Ende. 18:52:50
Lesen Sie hier die Kritik des Fliegenden Holländers von den Bayreuther Festspielen 2016.
Eine feine Sache, die Übertragungen aus Bayreuth.
Lasse mir den Ring nicht entgehen.
Jaja, Merbeth hat Klasse und Rasse.
Aber gibt es denn einen besseren Holländer als Youn?
War das Blech nicht kolossal laut (besonders Posaunen)?? Und nicht besonders feinfühlig????
Staatskapelle—
Den Ring der Staatskapelle in London hat die BBC online gestellt. Das Gastspiel der Staatskapelle hat Büning in der Frankfurter Allgemeinen just heute überschwänglich gewürdigt.
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Ich habe die Buhs für das Regieteam nicht verstanden. Die Inszenierung Glogers ist eine saubere Sache. Kühle, treffsichere Bilder – wer sich da getroffen fühlt, ist selbst schuld. Wer das sehen will, was man schon hundert Mal gesehen hat, bitte Wetten dass? einschalten. Schade, dass Thielemanns Dirigat wie viel Wert es auch hat nicht mit der Glogers Perspektive kongruent geht.
Klar was Thielemann macht ist alles sehr sicher gehört.
Gloger zapft Phantasiebereiche an, die hundert Prozent komplementär zu denen vom guten Thieleman sind.
Indeed, es ist echter Bayreuther Klang der aus dem Graben kommt, wobei hinreichend bekannt ist dass der Holländer es sehr schwer hat im tiefen Bayreuther Graben.
Zu viel Singspiel, zu wenig Drama. Das triffts.
Licht und Schatten bei Merbeth.
Youn ist für mich zu softie.
Selig > Volltreffer
Grüße aus München
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Die Inszenierung von Gloger ist ein Machwerk. Wertlos. Erschreckend leer. Vergeblich auf Originalität bedacht. Stümperhaft was die andauernde Missachtung der Anweisungen Richard Wagners angeht.
Ich durfte, nein ich musste die Inszenierung letztes Jahr über mich ergehen lassen.
Die musikalische Leitung von Herrn Thielemann war nicht zu übertreffen.
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Was war das denn für eine Übertragung?
Zuerst schreibt die ARD dick „live“ und es ist zeitversetzt. Nicht um eine halbe Stunde, sondern um gute vier Stunden? Wie bitte? Versteht man das im TV-Business jetzt als live?
Dann der bodenlos biedere Einstieg über Blumenrabatte (Bundesgartenschau? Seniorenausflug??) vorm Festspielhaus während der Ouvertüre und die unerträglichen Plastik-Wagners auf dem Lawn.
Dann Thielemann aus gefühlten 1 Metern von vorne beim Dirigieren, der aussah wie ein Mops, der frisch aus dem Geschirrspüler kommt. Ganz professioneller Einstieg. Prima gemacht, ARD. Glückwunsch, ganz große Nummer.
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Mann muss Verständnis haben. Die machen bei der ARD Hochkultur viel zu selten und haben deswegen keine Erfahrung wie man sowas gut macht. Auch sind die Bildregisseure heute oft Freiberufler die billigst einzukaufen sind, keine eigenes Profil wagen können weil sie dann fürchten das nächste mal nicht wieder eingeladen zu werden usw.
Gleichzeitig freuen sich die alten unkündbaren Festangestellten über ihre 90% Altersbezüge (90% vom letzten Gehalt) und wie sich die sozial schlechter bis gar nicht abgesicherten Jungsklaven in der Firma für sie den Rücken krumm machen.
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Inszenatorischer Ober-Schmarrn
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Na, na, na…
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bluesky 26.7.13
kein segelschiff taucht langsam aus dem nebel auf, nur ein kleines ruderboot wartet darauf,umzukippen. die schöne spinnstube wird zur fabrik für ventilatoren (?) – braucht man jetzt wohl mehr als wolle. kein gemälde vom holländer, dafür ein pappmonster und voluminöse papp-
flügel. ich suche vergeblich nach einer brauchbaren erklärung für diese zumutung.
sängerisch befriedigend (ich hörte es schon besser), aus dem graben kam gutes, also augen zu und das orchester geniessen.
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Also ich frage mich schon, wie man bei einer Rundfunkübertragung etwas über den Klang vor Ort aussagen will. Die Übertragungen des BR sind sehr gut, aber Aussagen über klangliche Details beziehen sich auf das Übertragene, nicht auf das, was man im Festspielhaus hört. So war z.B. das Orchester in der Rundfunkübertragung präsenter als später im Fernsehen, wo es genau umgekehrt war – zugunsten der Sänger.
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Wieso macht das Fernsehen einen eigenen Ton und übernimmt nicht vom BR? Besser als der BR mit seinen bekannt klanglich hervorragenden Übertragungen habe ich noch KEINE andere Klangeinstellung aus Bayreuth gehört. Und ich habe da einiges gehört bzw. hören müssen.
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Diese Art des „Fliegenden H. “ ist eine schlimme Verarmung; aber vielleicht ist unsere Welt der Börse und der Geschäftemacherei ebenso verarmt . Eine solche Aufführung zeigt die gefühlsmäßige Schwäche unserer Zeit und auch der Menschen zumindest derer, die so etwas auch noch bejubeln.
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Ganz abgesehen von den hervorragenden Leistungen der Sänger
Und des Orchesters wird Bayreuth immer mehr in Sachen Regie zu
Einem Festival des Happening von Blödsinn der da auf auf dem .geweihtem Boden der Bayreuther Bühne passiert.es wird da eifrigst
Eine ständige Tabuverletzung betrieben sie noch Unglück bringen wird…..
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Die Inszenierung ließ doch einiges zu wünschen übrig. Einen schmächtigen, kleinen Asiaten den Holländer spielen und singen zu lassen erwies sich offenkundig optisch als Fehlgriff, besonders, wenn man Ricarda Merbeth als rassige,üppige Senta ihm gegenüberstellt. Herausragend die Leistung des Festspielorchesters. Der geniale Christian Thielemann erweist sich einmal mehr als der zur Zeit beste Wagner Dirigent (unvergessen der „Ring“ von 2008).
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Ach Gottchen. Thielemann war eine Granate. Welche Farben er dem Orchester entlockte. Welchen Schwung die Ouvertüre bekam! Ich erinner mich jetzt noch als wäre es gestern gewesen. Wie viel Zeit sich Thielemann am Ende der Ouvertüre ließ! Die Ruhe, die das Orchester ausstrahlte. Wie es in warmen Farben leuchtete. Die Hörner KONNTEN etwas zu gut gelaunt klingen :-)
Mann will die Ouverüre ja nicht immer als schweißtreibenden Thriller hören. Ihrer sehr lesenswerten Kritik zufolge klang Hardings Holländer im Schillertheater in etwa so. Nichts für mich.
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