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Endlich – die entzückende Oper von Sergej Prokofjew in einer neuen Produktion an der Deutschen Oper Berlin.

Es kann sein, dass Die Liebe zu den drei Orangen zu den kurzweiligsten Opern überhaupt zählt. Libretto und Partitur wetteifern in seltener Einigkeit um maximale Absurdität – ich bin mir nicht sicher, wer heute Abend den Sieg davongeträgt. Ein Genuss ist jedenfalls der Orchesterklang, der in unaufhörlicher Folge der musikalischen Vor- und Zwischenfälle mit systematischer Klarheit und aggressiver Virtuosität bezirzt. Robert Carsen führt tempo-, witz- und turbulenzreich Regie. Das penetrante Rumberlinern der Inszenierung – 1. die drei Berliner Orangen-, ähhh Opernhäuser, 2. die Berlinale, 3. das Berliner Ensemble, was vergessen? – était irgendwie trop, wie überhaupt Tempo der Musik und optische Fantasie der Regie nach der Pause gleichermaßen eine leichte Delle aufweisen. Solistisch beweist die Aufführung gutes Niveau.

Heidi Stober: eine höhensichere Prinzessin mit zartem Schimmersopran.
Thomas Blondelle: Prinz. Legt die Wandlung vom Betthüter zum Orangenschäler absolut glaubwürdig hin, wobei ihm sein leichtgewichtiger Tenor mit angenehm hell timbrierter Höhe hilft.
Albrecht Pesendorfer: Ein König von pompös-trotteliger Autorität mit würdevollem Bass.
Burkhard Ulrich: ein karierter Witzbold, eine Art Pariser Papageno, der stimmlich den Anforderungen der Rolle vollauf gerecht wird.
Heidi Melton: optisch eine knuddelig-volldralle Diva, akustisch eine Fata Morgana mit beeindruckenden Sopranspitzen.
Tobias Kehrer: Für Opernsänger, die ihre geheimen Gewaltfantasien in der Öffentlichkeit ausleben wollen, ist die Köchin mit Sicherheit eine der begehrtesten Hosenrollen der gesamten Opernliteratur, auf jeden Fall weit vor Octavian. Stimmlich war Tobias Kehrer etwas hölzern und unstet.

Markus Brück (Léandre) und Clémentine Margaine (Clarisse) glänzen mit erfolglosem Intrigieren, was von ihrem Singen gerade nicht behauptet werden kann. Paul Gay ist der Zauberer Tchelio. Steven Sloane leitet sicher. Aber nicht immer mit jener knochentrockenen Dunstfreiheit, die man sich bei diesem Meisterwerk Prokofjews vorstellen kann. Prokofjews Oper Der Spieler (Staatsoper, Regie Tscherniakow) schien mir genialer. Die Liebe zu den drei Orangen scheint mir souveräner. Das aufgekratzt-überdrehte Libretto und der Deklamationsstil von Die Liebe zu den drei Orangen erinnern micht zudem an Emmanuel Chabriers Le Roi d’Etoile.

Fazit: Reingehen, ansehen, anhören, nach Hause gehen, für Weihnachten bestens gerüstet sein.