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Ich gehöre nicht zu denen, die ausflippen, wenn der Begriff Minimal Music fällt. Doch John Adams‘ Nixon in China ist ein sehr solides Stück Musik, das zwar die Schwäche der Minimal Music für hartnäckige Motivwiederholungen teilt, andererseits aber durch großen Detailreichtum auffällt. Letzteres zählt bekanntlich auch zu den Vorzügen von Kompositionen von Mozart, Schönberg und anderen. Alles in allem besitzt Adams‘ Nixon in China Witz und Chuzpe. Aber: Die Orchestral Introduction zum 1. Akt ist zäh, und der Chor „Flesh rebels“ (2. Akt) ist so unausstehlich, dass es schon fast wieder Spaß machen kann. Zum Libretto kann gesagt werden, dass auch schon Opern mit einem übleren Libretto berühmt geworden sind. Die Besetzung, die in der Philharmonie Berlin zu hören war, war angemessen. Konzertante Aufführung.

Robert Orth: Verkörperte Richard Nixon glaubhaft, sowohl in physiognomischer als auch in gestischer und vokaler Hinsicht.
Jessica Rivera: von kraftvollem Vibrato strukturierter Sopran. Etwas geheimnislos. Fesches rotes Kostüm.
Gerald Finley: Ich höre Tschou En-Lais Monolog („I am old and I cannot sleep“) mit meisterhaft verschatteter, aber nicht opernmäßiger Emphase.
Alan Oke: Ein tadelloser Tenor. Oke machte Mao Tse-Tung mit großer Wahrscheinlichkeit sympathischer, als er in Wirklichkeit war.
James Rutherford: als Henry Kissinger mit Embonpoint und Hornbrille ein Gewinn.
Kathleen Kim: ein kesses Persönchen mit heftig sich verausgebendem Sopran. Eine gelungene Verkörperung des doktrinären Maoismus („I am the wife of Chairman Mao“). Viel Timbre ganz oben, kühl und fesselnd zugleich („I can keep still“). Die beste Leistung des Abends.

Das BBC Symphony Orchestra spielt lebhaft und genau. John Adams dirigiert engagiert, sein silberner Schopf bewegt sich im Strom der Musik ruckartig auf und ab.

Besetzung: Robert Orth (Richard Nixon), Gerald Finley (Tschou En-Lai), Kathleen Kim (Maos Frau), Alan Oke (Mao Tse-Tung), James Rutherford (Henry Kissinger), Jessica Rivera (Pat Nixon),Stephanie Marshall, Louise Poole, Susan Platts (Maos Sekretärinnen), BBC Singers.