
Das Konzert in der Werkstatt des Schillertheaters bringt Werke von Karlheinz Stockhausen. Es erklingen die frühen Klavierstücke sowie ein Hauptwerk aus Stockhausens elektronischem Œuvre, der Gesang der Jünglinge. Die Veranstaltung findet im Rahmen des Festivals „Infektion“ der Staatsoper Berlin statt.
Die Klavierstücke kennzeichnen wichtige Stationen der Entwicklung der Klaviermusik in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Die Interpretation durch Adrian Heger ist beispielhaft. Heger spielt die Klavierstücke mit großer Fähigkeit zur Veränderung jedes einzelnen Anschlags. Zudem gelingt ihm die sinngebende Zusammenfügung der einzelnen Tongruppen zu größeren Zeiteinheiten.
In den Stücken I-IV erreicht der Grad der Genauigkeit der Notation zuvor ungekannte Dimensionen. So sind für Einzeltöne jeweils unterschiedliche Dauern und Lautstärken vorgeschrieben. Charakteristisch ist die Organisation in sogenannten Gruppen, Gruppierungen einzelnder Töne. Klavierstück I besteht aus 36 solcher Gruppen, Klavierstück II aus 30 Gruppen. II verwendet Taktarten von 1/8 bis 5/8. Über die Frage der Organisation von Klavierstück III – Tetrachord oder Pentachord – entzündete sich eine inzwischen Jahrzehnte währende Debatte, an sich u.a. Dieter Schnebel eifrig beteiligte. Das Stück verbindet Knappheit der Struktur mit äußerster Klarheit. Während Klavierstück V fährt ein Notarztwagen mit Martinshorn die Bismarckstraße entlang.
Adrian Heger hat im Profil gewisse Ähnlichkeit mit Liszt, das lange Haar, das ein Seitenscheitel teilt, das hingebungsvolle Profil.
Es folgt in der zweiten Konzerthälfte Stockhausens Gesang der Jünglinge von 1956. Klangregie hat Sébastien Alazet. Das 13-minütige Stück verknüpft die Aura eines Urknalls der elektronischen Musik mit der aus heutiger Sicht kantigen Handwerklichkeit der Machart.
Das Konzert wird am Freitag wiederholt, ist aber ausverkauft.
Bin am Freitag nach 2. Mal Sciarrino noch spontan reingegangen.
Aus heutiger Sicht kantige Handwerklichkeit der Machart: kann man wohl sagen. Ich habe mich selten so gelangweilt und klanglich unterfordert gefühlt, aber es war eben eine Pioniertat und man muss diesen Teil des Konzerts wohl als Musikgeschichtsunterricht hören. Also, jetzt auch mal den elenden Gesang der Jünglinge gehört, von dem man schon so oft gelesen hat.
Heger in der Tat enorm. Und doll zu hören, wie die Klavierstücke immer interessanter und „pianistischer“ werden. Die ersten paar sind auch bloß für die Geschichtsbücher, man kann doch über den Serialismus nur den Kopf schütteln… und auf einmal wirds spannend und immer spannender.
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