Übertragung auf hr2.
Vorspiel: genau 13 Minuten. Fließende Linien, weich gerundetes Klangbild, das auf hellem Streicherglanz beruht. Sehr gutes Solohorn. Abgesoftete Akzente.
René Pape: Als Gurnemanz oftmals unter Barenboim in Berlin gehört. Klangvolle Schönheit in sorgfältig beherrschter Diktion. Papes Mischung aus rhetorischer Subtilität und vibrierender Klangmacht ist nach wie vor ein gutes Rezept für Gurnemanz. Bisweilen von gesuchtem, sogar manieriertem Ausdruck, unter anderem bei eingedunkelten Vokalen („nach dem Gro-a-aaale“). Den Karfreitagszauber singt Pape mit balsamischer Ausdrucksfülle und unvergleichlichem, feinkörnigem Klangsamt.
Katarina Dalayman: Eine überzeugende Kundry mit schöner, bei Daniele Gattis Tempo mitunter ein bissl schwerfällig wirkender Stimme. Eine Freude: die warmen Pianissimi. Leuchtende Spitzen. Doch ich höre auch recht offene, belegte, ungünstig eingedunkelte Töne („dich reinen Tooooren“). Bei „der Mutter Tränen“ – und folgende Takte bis „Herzeleide starb“ – besitzt das Timbre eine mütterlich-reife Komponente. Ihr fehlt die Konzentration des Ausdrucks (besonders was die hohen Töne angeht), den man von einer Kundry Waltraud Meiers oder Evelyn Herlitzius‘ zu erwarten gewohnt ist.
Peter Mattei: Amfortas, Rollendebüt. Das langsame Tempo führt zu schön erfüllten Bögen („Du rastlos scheue Magd“) und liedhafter Introspektion („dem Erlöser die Wunde“), aber auch zu Überdehnungen, in denen der Kontakt zum Wortsinn verloren zu gehen droht. Das körnige Timbre tut gut. Doch alles in allem ein sehr guter Amfortas.

Achtung, Jonas! Jetzt nicht schwach werden! Jonas Kaufmann zwischen Blumenmädchen // Foto: Ken Howard / metoperafamily.org
Jonas Kaufmann: Es ist immer wieder überraschend, wie dunkel timbriert Kaufmanns Tenor ist. Kaufmann scheint in bester Verfassung. Zudem kommt er im 1. Akt bestens mit Gattis Parsifal-Tempo zurecht und singt mit viel Sinn für kleine und kleinste Details. Das änderte sich meiner Meinung nach im 3. Akt bei Slow-Tempo-Stellen wie „und glaub‘ an den Erlöser“, die manieriert klingen. Sehr schön dann gleich darauf das zugleich wunderbar kraftvolle und nuancierte „süchtig mich umrankten“ unmittelbar vor dem Karfreitagszauber. Kaufmanns Wille, im 2. Akt über weite Strecken einen forcierten, heroischen Tenorklang zu erzeugen, mindert indes die Freude des Zuhörers an der großen natürlichen Schönheit der Stimme bisweilen.
Evgeny Nikitin: ein sehr guter Klingsor. Doch Nikitin hat für Hass, Spott und In-die-Enge-getrieben-Sein den gleichen einheitlichen Klang, der indes für sich aus durchaus imponiert.
Rúni Brattaberg: OK.
Daniele Gatti: Gatti dirigiert das hervorragende Orchester der MET fast elegant und sehr gekonnt im Rhythmischen. Gebremstes Tempo. Zuspitzungen scheinen an diesem Abend nicht stattfinden zu dürfen. Deshalb wirken sie oftmals, wenn sie schon nicht zu vermeiden sind, harmlos bzw. dekorativ. Dem stehen äußerst durchsichtig musizierte, biegsame Streicherstellen gegenüber. Das Klangbild ist wunderbar transparent. Die erste Verwandlungsmusik lebt vom betäubenden Seidenglanz der Streicher und der Reinheit des Blechs. Dafür ist jede Wucht abwesend. Die Geigen des Karfreitagszaubers hatten für europäische Ohren bedenkliche Süße. Bemerkenswert noch die hervorragenden Bläser-Soli. Hoppla. Die Männerchöre klingen künstlich, als ob sie für das spezielle Pathos des dritten Aufzugs des ersten Akts kein Organ hätten. Als Ganzes hält Gattis Parsifal ein bemerkenswertes Gleichgewicht zwischen Detailsorgfalt und in die Breite getriebenem Soft-Pathos.
Gattis Parsifal-Zeiten:
1. Akt 1:51.
2. Akt 1:09:30
3. Akt 1:20
Die Inszenierung von François Girard sieht aus der Ferne uninteressant aus. Anthony Tommasini sagt in der New York Times zur Parsifal-Inszenierung der MET: „There is not one tree or tuft of grass, not even a patch of moss.“ Tja, in New York gibt es noch Entdeckungen zu machen.
Habe Signore Gatti vor ein paar Jahren als beinah langsamsten Parsifal-Dirigenten aller Zeiten in Bayreuth gehört, gehörte zu meinen abtörnendsten Wagnererlebnissen.
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Ich fand Jonas Kaufmann sehr beeindruckend, doch stellenweise seltsam kalt. Das hatte für mich einen unfreien Klang. Als ob Kaufmann so darauf konzentriert wäre, alles richtig zu machen, dass dann doch etwas das Überrschende fehlte. Das fiel mir besonders in der letzten Szene des 3. Aufzuges auf, was möglicherweise auch am Tempo gelegen haben mag. Ansonsten natürlich eine tolle Leistung von Kaufmann.
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Das MET-Orchester macht süchtig. Ich habe mich während der Übertragung vor allem zu Beginn in der Musik verloren. Gatti erzählt Parsifals Geschichte aus einer naiven Perspektive. Im 3. Akt machte sich bei mir eine gewisse Mattheit aufgrund des Mangels an Spannung bemerkbar. Das Tempo war sehr gut gewählt.
Katarina Dalayman war eine großartige, anrührende Kundry. Ihre Stimme mag nicht dem gängigen Bild entsprechen, das man sich von einer Kundry macht. Doch sie besitzt alle Zwischentöne, die ihrer reichen Stimme eine außergewöhnliche machen. Überaus beeindruckend auch die Szene Amfortas – Gurnemanz im 1. Aufzug mit den beiden Ausnahmesängern Mattei und Pape.
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Ich habe die Übertragung mit großem Interesse verfolgt. Gatti lässt sich die Zeit, die er braucht. Balsam für die Ohren!
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Ich weiß nicht, was der Autor dieser Seiten gegen Jonas Kaufmann hat. Kaufmann wird auf diesen Seiten regelmäßig runtergemacht. Absolut unverständlich. Kaufmann wird von mehr als einer Seite als einer der besten Tenöre, wenn nicht als der wichtigste Tenor der Gegenwart überhaupt angesehen.
Hildegard R
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Die Übertragungen der MET Vorstellungen im Kino machen mir grosse Freude und Genuss. Parsifal mit mehr als 5 Stunden war vor der Vorstellung „Thema“ im Foyer. Doch es war so grossartig spannend gemacht ein wunderbar spielendes Orchester, Sänger welche z.T. Gänsehaut-feeling auskösten. Ein Jonas A. Kaufmann so variabel (nicht kalt, wer Parsifal/Wagner/ und das sich hineinversetzen wie Herr Kaufmann dies tut kennt, müsste es absolut als grossartig empfinden)Total glaubwürdig im 3. Akt den nicht nur gläubigen Zuschauern dem Himmel ein grosses Stück näher bringend. Diese Übertragung war eine Sternstunde. Hier fehlen Worte die genügen würden.., noch nie habe ich das Kinopublikum so erlebt auch aus der Met totale spannende Stille absolutes sich der Stimme des Herrn Kaufmann und dem Orchester hingebend. Ob es eine DVD davon geben wird? Ich wüsste viele Menschen die diese sofort kaufen würden, denn Sternstunden sind rar! DANKE an alle Protagonisten, das Orchester.
Katharina W. Schweiz
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Für mich ist Jonas Kaufmann ein großartiger Parsifal. Er setzt neue Maßstäbe.
Eine großartige, unter die Haut gehende Vorstellung. Habe geweint.
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