Ich habe Porgy and Bess zuvor ungefähr null Mal gehört. Das kommt von den vielen Tristans und Parsifals. Barenboim ist schuld. Dabei gibt es gute Gründe, Porgy and Bess zu lieben.

Latonia Moore: Die vitale junge Dame singt Bess mit leuchtendem, selbstbewusst vibrierenden Sopran. Zielsicher erklimmt sie federnd höchste Höhen. Leichtes Soubretten-Timbre. Prima die Auseinandersetzung mit Crown im 2. Akt, 2. Szene. Apartes, schwereloses Vibrato in „I loves you Porgy“.

Willard White: Erscheint inzwischen geradezu als der Prototyp des Porgy. Widmet sich mit grandseigneurialer Intensität seiner Aufgabe („Bess, you is my woman now“, „I got plenty o‘ nuttin“).

Lester Lynch: einschüchternder baritonaler Grobianismus.

Howard Haskin: Singt „It ain’t necessarily so“ mit großer tenoraler Gelenkigkeit und knorriger Energie. Haskin identifiziert sich mit der Rolle mit Haut und Haaren, von denen er nicht mehr viel hat.

Rodney Earl Clarke: Investiert in „It take a long pull to get there“ kerniges Feuer und Schwung.

Andrea Baker: Aha, kenn ich doch, die fröhliche Schwertleite in Rattles Walküre vom Mai. Rasantes „Oh, Doctor Jesus“.

Der südafrikanische Cape Town Opera Voice of the Nation Chorus singt mit Hingabe bis in höchste Höhen. Die Phillies sind schwer auf Zack und lassen es schnuckeln, wenngleich sie den Solisten doch eher sekundieren. Puhh, 7 bis 11, das Ganze ist doch etwas lang, wenn man es zum ersten Mal hört. Die Philharmoniker unter Rattle exekutieren die Partitur mustergültig. Wie schon bei Salome, Walküre und auch Carmen wohnt man hyperexaktem Hörtheater und nicht realistischem Operntheater bei. Das Ohr, nicht das Herz ist das Ziel.

Besetzung: Willard White (Porgy), Latonia Moore (Bess), Howard Haskin (Sportin‘ Life), Lester Lynch (Crown),
John Fulton (Robbins), Andrea Baker (Serena), Rodney Earl Clarke Bariton (Jake), Cape Town Opera Voice of the Nation Chorus