Im Rahmen ihres Beethovenzyklus im Kleinen Saal des Konzerthauses Berlin spielt das Vogler Quartett die Streichquartette op. 95, op. 18 Nr. 2 und op. 127. Die Möglichkeiten, Beethovens Streichquartette untereinander zu kombinieren, sind bei einer zyklischen Präsentation fast grenzenlos. Für jede Kombination mag es gute Gründe geben. Heute Abend markieren insbesondere das asketisch verknappte Opus 95 und das tändelnde zweite Quartett aus Opus 18 Maximalpositionen in Beethovens Streichquartettschaffen.
Im fahlen f-Moll-Werk op. 95 von 1810 zeigen die vier Musiker, wie die permanente Spannung des 1. Satzes – dieser kahlsten aller Beethovenschen Sonatensatzformen – ohne Lösung bleibt, wie das den langsamen Satz vertretende Allegretto man non troppo umso abgründiger wird, je öfter die ohrwurmartige, zuerst in der Bratsche begegnende Rollfigur aus Sechzehnteln auftaucht. Und dann spielen sie das Scherzo mit widerborstigem f-Moll-Tutti und machen das zutiefst unruhige, rastlos fließende Finale zum Ereignis.
Das frühe Opus 18 Nr. 2 erklingt zwischen den späten, wobei das humorvolle G-Dur-Quartett neben den Schwesterwerken seinen Charme ausspielen kann. Dabei helfen die Musiker tatkräftig, ohne darüber den kantablen Ernst des Adagio cantabile zu vergessen.
Dass Tim Vogler, Frank Reinecke, Stefan Fehlandt und Stephan Forck seit über 30 Jahren in unveränderter Besetzung spielen, zeugt von Kontinuität. Man hört’s am imponierend souveränen Quartettverständnis.

Es ist nicht zuletzt die spezifische Klanglichkeit des Vogler Quartetts, die die jeweilige Werk-Einheit gewährleistet. Der „Vogler-Klang“ zeichnet sich durch stimmliche Intensität aus, durch Vehemenz von Tutti und Sforzati. Stets wird artikulatorisch dicht, ja aufsässig agiert. Das Vibrato dient der Akzentuierung, ist nicht Normalfall. Der Zugriff ist rau, der Klang dementsprechend körperlich, gewissermaßen grobkörnig.
Dann Op. 127 in Es-Dur. Das erste der späten Streichquartette (entstanden 1824/25) stellt sich in allen seinen Teilen fulminant anders dar als das f-Moll-Quartett. Mit unermüdlicher Verve werden Motive verzahnt, verdichtet sich der Satz kontrapunktisch, der Bogen reicht vom weltabgewandt Lyrischen – die fünf Variationen des Adagio – bis zu herber Lakonik in Scherzo (motivische Kernzelle ist ein Vier-Ton-Motiv wie bei op. 95) und abgeklärtem Singen im Finale, wobei die Genauigkeit der Phrasierung, zu der sich das Vogler Quartett verpflichtet fühlt, bewunderungswürdig bleibt.
Das ausverkaufte Konzert bestätigt Beethovens Ausnahmestellung auch beim Publikum.
Die nächsten Konzerte des Vogler Quartetts im Konzerthaus: 7. März und am 16. Mai.