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Solène Kermarrecs rotes Cello ist nicht mehr da. Kermarrec spielt auf einem neuen Instrument. Die Phillies erweiterten für die Notations die Kernbesetzung. Zwei Frauen an den Kontrabässen, drei an den Celli waren etwas Besonderes. Eine schwarze Bratschistin habe ich zum ersten Mal in meinem Leben als Konzertgänger gesehen. Das Duo mit dem gewissen Etwas, Mayer/Pahud (Oboe/Flöte), weicht dem Duo Kelly/Blau mit einem Hauch weniger gewissem Extra. Boulez‘ Notations sind äußerst stilisiert, konzentriert und klar disponiert. Ihre Aufführung durch den Komponisten war einer der Höhepunkte der sich in fortgeschrittener Vorsommerphase befindenden Saison. So mussten sich die Zuhörer in den 1920ern gefühlt haben, als Richard Strauss in der alten Philharmonie die Rosenkavalier-Suite dirigierte, ähnlich sparsam, ähnlich unbeweglich, mit ähnlich unaufdringlicher Autorität. Für die Notations wird der Pult verstärkt, um die Partitur, aus mehreren dünnen Folianten bestehend, tragen zu können.

Drei Harfen, sechs Hörner, zehn Kontrabässe, die Bratschen sitzen in der Mitte, sieben oder acht Schlagzeuger. Einige Stellen dirigiert Boulez mit pistolenartig ausgestrecktem Doppelfinger. Es handelt sich um das Dirigat eines begnadeten Handwerkers. Boulez‘ rechte Hand ist ein effizienter Klappmechanismus in beständiger Auf-und-Ab-Bewegung. In Pierre Boulez‘ Gesicht herrscht stoischer Neutralismus. Pierre-Laurent Aimard wirkt wie ein nervöser, sehr sympathischer Germanistikprofessor der Sorbonne. Hatte Aimards Kittel keine Knopfleiste? Ich habe keine gesehen. Wie kam er dann durch die enge Halsöffnung? Nach der Überreichung des Blumenstraußes eilt er hinter dem Saalmädel her, das den Strauß überreichte. Aimard spielt als Zugabe Auszüge aus der Klavierfassung der Notations. Das Klavierkonzert besitzt sehr schöne Blech-Holzbläser-Gegensätze und ist fast etwas kurz geraten – bekanntlich das Manko aller sehr guten Stücke. Aimard schlägt sich gut, doch er ist kein ganz Großer. Dazu fehlt es an letzter Klarheit und Eigenart.