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Das Konzerthausorchester Berlin spielt unter Dimitri Kitajenko Werke von Milhaud, Prokofjew und Mussorgski. Die programmatische Linie des Konzertabends lässt sich grob mit den Worten „russischer Hackfleischtopf plus französisches Kleingemüse“ umreißen.
Ich bin wegen Kitajenko und Prokofjew hier.

Herr Kitajenko ist ein freundlicher, weißhaariger Herr. Kitajenko trägt weiße Welle mit Seitenscheitel. Dieser Typ Frisur ist westlich der Wolga selten. Kitajenkos Rechte schlägt den Takt. Seine Linke gibt in aller Ruhe die nötigen Einsätze. Freundlich überwacht der Russe die Aktionen des Konzerthausorchesters.
Prokofjews Sinfonie Nr. 7, Spätwerk und Schwanengesang zugleich, verunsichert durch Sowjet-Serenität. Aber nur leicht. Die 7. füttert den Zuhörer nicht NUR mit Bildern fröhlich ausschreitender Komsomolzen. Prokofjews Melos funktioniert subtiler. Die Themen mixen melancholischen Klang mit transparenter Linie und subtexteln miteinander um die Wette. Es gibt weiterhin kleine, aber tückische Manipulationen des motivischen Grundmaterials. Der alternde Prokofjew ist und bleibt ein Fuchs. Kitajenko sorgt für die ruhige Ausbreitung in die Horizontale. Das macht seine Klasse aus. Kitajenko macht erlebbar, wie präzise die Formen in der „Siebten“ gefasst sind. Und sonst? Das Tempo ist relaxt. Kitajenko dirigiert „leidenschaftlich und unsentimental“.
Von Kitajenkos weiträumig disponierendem Dirigat profitieren auch Mussorgskis düsterdunkle Bilder einer Ausstellung, deren Lapidarstil stets aufs Neue beeindruckt. Ravels Orchestrierung der ursprünglichen Klavierfassung ist auch martialische Aufpäppelung und virtuose Verpackung, aber eben immer auch mehr. Sie macht den Rang der „Bilder“ auf dem Orchesterpodium klar.
Zu Beginn stimmt das Konzerthausorchester Berlin mit Milhauds Suite La Creation du Monde auf den Abend ein.