Dritte Etappe und zweiter Tag in der Bayreuther Königsdisziplin, dem Ring des Nibelungen.

Siegfried, Bayreuth, Hitze. Der Versuch, Wagner zu überleben, eint Sänger und Publikum.

Castorfs Ring ist eine erfrischende Ansammlung rüder Gags.

Andreas Conrad (Mime), Einspringer für Burkhard Ulrich, macht aus dem

 Dauerdeppen einen vifen Oberschlaumeier. Seine Stimme ist fest wie ein frischer Apfel. Conrads Interpretation ist so gewissenhaft wie erschöpfend. Sauber, wie Conrad seine hell timbrierte Stimme ohne jede Anstrengung einsetzt.

Stefan Vinke beeindruckt. Mit heldentenoralem Glanz, mit klarer Stimme. Für den Bayreuther Siegfried bringt Vinke jene imponierende Unbekümmertheit mit, die jeden Siegfried jedes Opernhauses rettet. Indes. Ungeschickt ist die Phrasierung. Zusammengestoppelt manche Phrase. Der Wille zu ausdrucksstarker Betonung ist da, jaja. Mit einem Wort, er singt minimal eloquent. Hart ist die Deklamation.

Intonation und Tonhöhe sind öfters pas comme il faut. Kurz: Er könnte mehr singen. Zudem: Das Timbre ist monochrom. Zwischentöne fehlen. In den leise gesungenen Passagen von „Selige Öde“ scheint Stefan Vinke Dreiviertel der Stimme abhanden gekommen. Die Aufzählung ließe sich fortsetzen. Es versöhnt die sängerische Frische, auch wenn diese von einer kraftvollen Deklamation und nur selten von einer außergewöhnlichen Stimmqualität herrührt.

Der Wanderer Wolfgang Koch setzt mit eindrucksvoller Deklamation und bewundernswerter Souveränität das in Rheingold und Walküre Begonnene fort. Kochs Wanderer ist ein Realist von Churchill’schem Format, zuzüglich einer undefinierbaren Aura der Eleganz, die nur echten Loosern eignet. Rau und trocken vom Stimmcharakter her, macht er Hohn und Spott dieser Rolle glaubhaft, ohne die wagnersche Würde der Figur zu beeinträchtigen.

Für Alberich Albert Dohmen, sprachlich genau und mit drohender Intensität singend, gilt das bisher schon Gesagte.
Fafner ist Andreas Hörl, Erda Nadine Weissmann.

Ich zittere vor der ersten Silbe von Frau Catherine Foster, der Problem-Brünnhilde der diesjährigen Bayreuthsaison. „Heil dir, Sonne!“ war aber weit besser als „Ewig war ich“, welch letzteres so reizlos klingt wie eine Gebrauchsanweisung auf einem Universalreiniger. Das Bemühen um ein schönes Piano ist löblich. Aber sie singt nicht, sie buchstabiert. Immerhin, ihr Deutsch war schon schlechter. Ich werde eine diffuse Angst vor verrutschten Tonhöhen nicht los. Ich verstehe ihre Arbeitgeber. Fosters Fähigkeit zum strahlenden Hohen C ist beneidenswert. Ich verstehe nicht die Zuschauer, die sie bejubeln.

Waldvogel Mirella Hagen hatte einen relativ ruhigen Abend und abgesehen davon zwei schöne Auftritte im zweiten und dritten Akt.

Kirill Petrenko produziert großartige Steigerungen und herrlich knallende Effekte. Nahe am Limit befinden sich Genauigkeit und Präsenz der Darbietung des Festspielorchesters. Doch sei angemerkt: Manchen Stellen haftet etwas Ausgesägtes an. Es mangelt an Aura.

Hier die Kritik zum Siegfried 2016 der Bayreuther Festspiele lesen!